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"Eltern haben geringste Schuld"
"Sindelfinger Zeitung" 8. September 2004: Interview mit Helmut Dast, Inhaber und Leiter des ISP. Die Fragen stellten Natalie Kanter und Thomas Link.

Ein neues Schuljahr beginnt. Diesmal soll das Zeugnis besser ausfallen. Doch die Ursachen für schlechte Noten sind vielfältig. Immer mehr Schüler haben Handicaps, die das Lernen schwierig machen. Ein Gespräch mit Realschullehrer und Lerntherapeut Helmut Dast, dem Leiter des Böblinger Instituts für schriftsprachliche Pädagogik.

SZ:
Konzentrationsschwächen, Wahrnehmungsprobleme, Lese- und Rechtschreibschwäche: Warum haben immer mehr Kinder Probleme in der Schule mitzuhalten?

Helmut Dast:
"Schon ältere Kindergartenkinder unterscheiden sich stärker denn je in den sprachlichen Fähigkeiten, weniger in der Höhe ihrer Intelligenz. Die Gründe kom men aus den schlechteren Lebensbedingungen vieler Familien heute. Hektischer geht es allemal zu. Wo die `Jobs' für sie und ihn absolut Vorrang haben, wie das heute öffentlich gefordert wird, leiden die Kinder zwangsläufig."

SZ:
Und wer ist schuld?

Helmut Dast:
"Die Eltern sind am wenigsten schuld. Zum Druck auf die Eltern kommt über die Schule der Druck auf die Schüler. Auch hier sind es nicht `die Lehrer', sondern die Art, wie Schule hier zu Lande verfasst ist: Der Leistungsvergleich unter den Kindern fängt in Deutschland parallel zum Beginn des Lernens an. Das erschwert die Arbeit des Lehrers immens. Es gibt also zwei Ursachen: Die staatliche Geringschätzung Kindern gegenüber und die falsche Auffassung, wie Schule in Deutschland auszusehen habe. Noten müssten angeblich auch für Grundschüler sein."

SZ:
Wie erkennen Eltern, dass auch ihrem Kind geholfen werden muss?

Helmut Dast:
"Wenn beispielsweise ein Erstklässler nach vier Wochen nicht mehr in die Schule will, kann das schon ein Alarmzeichen sein. Wenn etwas nicht stimmt, spüren die Eltern das genau. Sie sollten dann ihren Gefühlen trauen und auch bei Facheinrichtungen nachfragen und nicht nur in der Schule. Erste Tests und eine erste Beratung sind oft kostenlos."

SZ:
Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche versagen oft auch in Fremdsprachen. Wie kann beispielsweise der Englischunterricht verbessert werden, damit Legastheniker davon profitieren?

Helmut Dast:
"Der Englischunterricht ist in jeder Schulart heute besser als noch vor etlichen Jahren. Jedoch: Die Fachleute haben mehrheitlich für den Beginn ab Klasse drei plädiert, so wie das fast alle anderen deutschen Bundesländer praktizieren. Der Grund: Lesen- und Schreibenlernen in der Muttersprache braucht einen Vorlauf, darauf sind besonders Kinder mit sprachlichen Defiziten angewiesen. Da in Baden- Württemberg jetzt Englisch ab der ersten Klasse unterrichtet wird, ist für Legastheniker außerschulische Hilfe das Mittel der Wahl. Zudem könnte der Englischunterricht noch schülernäher sein."

SZ:
Was bedeutet das?

Helmut Dast:
"Verstärkter Medieneinsatz und kindgerechte Texte. In meinem Buch `Das unnötige Versagen in Englisch' zeige ich auf, dass die Hilfemöglichkeiten, welche die Legasthenieforschung zur Verfügung stellt, auch den Nichtlegasthenikern sehr hilft, die halt jetzt zufällig in dem einen Fach Englisch schwach sind."

SZ:
Ab diesem Schuljahr sollen Fünftklässler am Gymnasium in acht Jahren zum Abitur gebracht werden. Verschärft sich da durch die Situation von Schülern mit Handicaps?

Helmut Dast:
"Mit Sicherheit. Seit die Einführung des achtjährigen Gymnasiums in Baden-Württemberg feststand, wurde immer mehr Eltern der Gymnasiumsbesuch für ihr Kind massiv ausgeredet, auch wenn die Noten gestimmt hatten: `Ihr Kind hat nicht die Ellenbogen, um sich heute auf dem härter gewordenen Gymnasium durchzuboxen.' Ein seltsames Bildungsverständnis."

SZ:
Welche sinnvollen Hilfen gibt es für lernschwache Schüler?

Helmut Dast:
"Es gibt zweifellos viele Angebote. Das Problem: Das eigene Kind hat seine Lernprobleme in einem recht leistungsfähigen und leistungsorientierten Schulsystem bekommen. Also muss doch derjenige, der die außerschulische Hilfe anbietet, besser ausgebildet sein, wie die Lehrer der betreffenden Schule."

SZ:
Wie können Eltern dies überprüfen?

Helmut Dast:
"Qualifizierte Einrichtungen machen ihre Arbeit in der Regel anhand von Büchern und Zeitschriftenartikeln öffentlich."

SZ:
Wie helfen Eltern ihren Kindern am besten?

Helmut Dast:
"Hier ist es wie in der Medizin: Die schnelle und entschlossene Hilfe ist die beste ­ bevor sich falsche Haltungen verfestigt haben. Denn auch im Negativen lernt das Kind. Es lernt sich mit seiner Schulangst einzurichten. Später ist es dann nicht mehr bereit sich anzustrengen, auch wenn man es dazu auffordert. Auch für gesunde Neugier und Optimismus ist es dann nicht mehr erreichbar."

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